Interview

Atmosphäre schaffen und Biodiversität fördern

Die Begrünung der Aussenräume ist ein wichtiger Baustein für den neuen Lebensraum Metalli.
Werner Schaeppi
31.3.2023
Lesezeit: 6 Min
Landschaftsarchitekt Lorenz Eugster gestaltet und realisiert mit seinem Team «Lorenz Eugster Landschaftsarchitektur und Städtebau GmbH» Gärten, Freiräume und Landschaften im städtischen, peripheren und ländlichen Kontext.

Der Lebensraum Metalli will mit der künftigen Bepflanzung eine angenehme Atmosphäre erzeugen und Biodiversität fördern.

LORENZ EUGSTER: Ist das aus Sicht des Experten an so einem Ort überhaupt machbar?

Man kann an einem Ort wie dem Lebensraum Metalli mit mehr Bepflanzung, Dach- oder Fassadenbegrünung durchaus eine nennenswerte Wirkung erzielen. Auf den Lebensraum der Insekten und Vögel hat es sofort eine Wirkung, wenn mehr Biomasse vorhanden ist. Und nicht zuletzt profitiert der Mensch von einem angenehmeren, ausgeglicheneren Lokalklima, etwa auf einem begrünten Balkon oder unter einem Baum auf einem der städtischen Plätze. Auch wenn wir Landschaftsarchitekten allein natürlich die Welt nicht werden retten können (lacht), das Verständnis und die Wertschätzung gegenüber einer sorgfältigen, ökologisch sinnvollen Umgebungsgestaltung sind ganz allgemein gestiegen. Wenn ich an die Anfänge meiner Laufbahn zurückdenke, so sollten die Umgebungen damals noch vor allem pflegeleicht sein. Falls die Bauherrschaften überhaupt Bäume zuliessen, dann sollten diese am besten immergrün sein und kein Laub abgeben. Das hat sich komplett gedreht. Heute sind ausgewogene, ökologisch sinnvolle Lösungen gefragt.

Die Zuger Bevölkerung wünscht eine intensive Begrünung des Lebensraums Metalli. Worauf darf sie sich freuen?

Der neue Bebauungsplan will die heutigen Hartbeläge stellenweise mit gewachsenem Boden auflockern und beim neuen Metalliplatz oder beim Platz vor der UBS werden grosse, schattenspendende Bäume gepflanzt. Etwa Platanen sind als Stadtbäume sowohl visuell als auch in der Verdunstungsleistung sehr wirksam. Für den benötigten Wurzelraum opfert man im Untergeschoss Parkplätze. Die Bepflanzung erfolgt jeweils dort, wo sie die beste Wirkung erzielt, wie am Fuss der südexponierten Fassade, wo die Sonne von Mai bis Juli hoch steht. Zudem sollen Dachflächen begrünt und teilweiseöffentlich zugänglich werden. Die bestehende Bepflanzung wird weitgehend erhalten und ausgedehnt, Neophyten durch einheimische Pflanzen ersetzt, der Umgang mit den Jahreszeiten und das Wassermanagement verbessert. Das allesprägt künftig das Erscheinungsbild des Lebensraums Metalli.

«Durch Begrünungsmassnahmen profitieren wir von einem angenehmeren und ausgeglichenerem Lokalklima.»

Was passiert mit den Bepflanzungen unter den Glaskuppeln?

In Innenräumen und ohne Regen haben es Pflanzen klar schwerer. Die Fotosynthese ist beeinträchtigt, weil sich Staub ablagert und der Einfall von Tageslicht und UV durch das bruchsichere Glas gemindert wird. Deshalb eignen sich nur laubabwerfende Pflanzen, die sicherneuern können, aber eben Unterhalt erfordern. Trotzdem würde ich die Bepflanzung unter den Glaskuppeln unbedingt erhalten und sogar ausdehnen. Pflanzen in Innenräumen haben eine starke atmosphärische Bedeutung und regulieren natürlich auch. Trotz erschwerter Bedingungen können sie verdunsten und erfolgreich gedeihen. In der Metalli haben sie sich offensichtlich bewährt und werden von den Besuchern wertgeschätzt.

Wirken sich Menge und Vielfalt an Pflanzen auch auf die Fauna aus?

Auf jeden Fall. Für Tiere und Insekten ist die Stadt oder eine Überbauung ja nicht weniger landschaftlich als etwas, was man als «natürlich» bezeichnet, etwa eine Felsformation im Wald. Bei den grossen Gebäuden gibt es Thermik, was für Vögel interessant ist, und in der Fassadengestaltung hat man die Möglichkeit, durch systematische Nischenbildung vielleicht auch Unterkünfte und Standplätze für Mauersegler anzulegen. Die begrünten Dachflächen dienen zum Beispiel als Bienenweiden, wofür die Wildbienenarten sehr dankbar sind.

Ein begrünter Stadtraum ist also tatsächlich ökologisch wertvoll?

Nun, mit einem Wald oder einer naturbelassenen Wiesenlandschaft wird der bebaute Raum nie konkurrieren können. Aber man kann einen Beitrag leisten und Zeichen setzen. Es gibt grossartigste Inszenierungen, etwa indem Bäume auf Türmen und Dächern gepflanzt und gepflegt werden. Man beweist, dass man die Natur unter Kontrolle hat, aber auch, dass man ihr Raum geben will. Das erinnert an die Menagerien im ausgehenden Feudalzeitalter, als man in Europa begann, Tiere und Pflanzen aus der ganzen Welt zu sammeln, um zu zeigen, wie stark man ist. Ich glaube, diese Strategie funktioniert immer noch. Die heutige Metalli stammt aus den frühen 1980er-Jahren und hat gewisse Schwächen früherer Einkaufzentren bereits überwunden und die ganze Wachstumskritik schon integriert. Ich finde, es ist daher ein gelungenes Beispiel. Man zeigt, man kann und will sich Nachhaltigkeit leisten. Das ist eine starke Botschaft!

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